
In der kleinen lombardischen Stadt Chiavenna ereignete sich vor über 20 Jahren ein brutaler Ritualmord an einer Nonne, der die Gemüter bis heute bewegt. Das Opfer war die 60 Jahre alte Oberin des Klosters der Kreuzschwestern in Chiavenna, Maria Laura Mainetti, die auf grausame Weise von drei Mädchen im Teenageralter ermordet wurde. Die Umstände ihres Todes sind nicht nur schockierend, sondern werfen auch tiefgreifende Fragen über Vergebung und die menschliche Natur auf. Es war der 6. Juni 2000 als die drei Mädchen Milena De Giambattista, Ambra Gianasso und Veronica Petrobelli, die Ordensschwester, bei der sie Katechismusunterricht hatten, gegen 22 Uhr an die abgelegene Stelle Marmitte dei Giganti unter einem falschen Vorwand lockten. Angeblich war die 17 Jahre alte Ambra Gianasso vergewaltigt worden, die nun ein Kind erwartete. Das Mädchen dachte über eine Abtreibung nach und wollte den Rat von der Oberin Mainetti einholen. Doch als die Oberin dorthin kam, geschah das Unfassbare. Die drei Mädchen missbrauchten die Oberin für ein satanisches Ritual, das mit dem Mord an der Oberin endete. Zuerst zwangen sie die als liebevoll geltende Oberin Mainetti sich hinzuknien. Dann beschimpften sie diese aufs Übelste, bevor sie einen Ziegelstein benutzten, mit dem sie abwechselnd auf ihren Kopf einschlugen, ehe sie ihren Kopf gegen die Wand knallten. Danach stachen sie 19 Mal mit einem Küchenmesser auf die Oberin ein. Ursprünglich geplant waren 18 Messerstiche. Jedes Mädchen sollte 6 Mal zustechen, um auf die Teufelszahl 666 zu kommen. Zum Schluss schnitten sie der Oberin Mainetti die Kehle durch und vermischten ihr Blut mit dem der Oberin. Während der gesamten Attacke betete die Schwester, rief Gott um Hilfe an und sprach Worte der Vergebung für ihre Mörderinnen aus. Ein Akt der Güte, der selbst in den dunkelsten Momenten der Gewalt erhaben bleibt. „Herr, vergib ihnen“, sollen ihre letzten Worte gewesen sein. Diese beschämende Ironie, dass das Opfer gewalttätig angegriffen wird, während dieses ihre Peiniger um Vergebung bittet, ist nicht nur erschütternd, sondern regt auch zum Nachdenken an. Papst Franziskus erkannte schließlich das außergewöhnliche Leben und die Hingabe von der Ordensschwester Mainetti an, die am 21. Jahrestag ihrer brutalen Ermordung seliggesprochen wurde. Drei Wochen nach dem Mord an der Oberin wurden ihre drei Mörderinnen verhaftet, die eigentlich geplant hatten, den Pfarrer der Stiftskirche, Monsignore Ambrogio Balatti, zu töten. Doch aufgrund seiner Körpergröße und Stärke entschieden sie sich für die Oberin des Klosters. Ihre Psyche war offensichtlich durchdrungen von dunklen Gedanken und satanischen Einflüssen. In ihren Notizbüchern fanden sich überdies grausame und teuflische Skizzen, die die Indoktrination ihrer Seelen widerspiegeln. Bereits Monate zuvor hatten sie einen Blutschwur geleistet, der sie noch weiter in den Abgrund ihrer eigenen Dunkelheit zog. Nach Verbüßung ihrer Freiheitsstrafen leben Mainettis Mörderinnen heute unter neuen Namen in größeren italienische Städten, die ihre eignen Familien gegründet haben. Die Gesellschaft, die oft nur die Taten sieht, hat sie weitestgehend vergessen. Ihre Lebensgeschichten verblassen im Schatten von Schwester Mainettis Vermächtnis. Schwester Mainetti war nicht nur ein Opfer, sondern auch eine spirituelle Führerin, die sich ihr ganzes Leben lang für benachteiligte Jugendliche einsetzte. Ihr Engagement für die Gemeinschaft erstreckte sich von Vasto über Rom bis hin nach Parma, wo sie gleichzeitig eine starke moralische Stimme war. Am 20. August 1939 geboren, war Teresina Elsa Mainetti das jüngste Kind in einer Familie mit zehn Geschwistern. Schon früh im Leben musste sie den Verlust ihrer Mutter kurz nach ihrer Geburt erleben, was sie wohl prägte und sie dazu brachte, anderen in Not zu helfen. Anno 1960 legte sie im Mutterhaus in La Paye ihre ewigen Gelübde ab. Sie widmete sich fortan dem Dienst an Kindern, Jugendlichen und Familien. Sie wurde bekannt für ihr soziales und karitatives Engagement sowie die unermüdliche Unterstützung der Bedürftigen. 1984 wurde sie zur Oberin ins Kloster Chiavenna berufen, wo sie als Schulleiterin eingesetzt wurde und seitdem sich aufopferungsvoll für die Kinder und Jugendlichen aus sozial schwachen Verhältnissen kümmerte. Die brutale Ermordung von Schwester Mainetti bleibt eine der unglaublichsten Geschichten des modernen Italien. Eine Geschichte voller Widersprüche, zwischen Gewalt und Vergebung, zwischen Dunkelheit und Licht. Ein eindringlicher Aufruf, die Menschlichkeit zu bewahren und nie zu vergessen, dass selbst die tiefsten Wunden geheilt werden können. Und dass die Worte einer hingebungsvollen Ordensschwester, die bei ihrem Tod für ihre Mörderinnen um Vergebung bat, uns alle inspirieren können, in einer Welt, die oft von Kummer und Zorn geprägt ist.